17.05.04 Alltagslogik #1

Hier scheint mir der geeignete Ort, ein Merkwürdigkeit der Alltagslogik zu beleuchten.
Mit einem Beispiel wollen wir uns dem Problem nähern:

Anton ärgert sich, dass er mit seiner Fussballmannschaft nicht in den Aufstieg in die Kreisklasse geschafft hat. Dies ist allein seine Schuld, da er im entscheidenden Spiel kurz vor Schluss eine todsichere Torchance vermasselt hat, die den Aufstieg sicher ermöglicht hätte.
Beate versucht ihn mit den Worten zu trösten:
"Ärger´ Dich doch nicht, Du kannst es doch eh nicht mehr ändern!"

Im Weiteren geht es mir nun um diesen letzten Satz, mit dem Beate Anton aufmuntern will.
In diesem - auch im alltäglichen Umgang - beliebten Satz steckt eine Ungereimtheit, die Gegenstand dieser kurzen Darstellung ist und wert ist, ans Lichte gehoben zu werden.

Dazu sollte der Satz zunächst so umformuliert werden, dass der in ihm steckende Gedanke besser zum Ausdruck kommt. Beate sagt demnach:
"Es macht keinen Sinn, sich zu ärgern, weil das, worüber Du dich ärgerst, nicht mehr geändert werden kann."

Die Frage ist nun: Wieso das? Wieso macht es keinen Sinn, sich über genau das zu ärgern?
Der springende Punkt wird einem deutlich, wenn man den Satz umkehrt:
"Es würde Sinn machen, sich zu ärgern, wenn man das, worüber man sich ärgert, noch ändern könnte."

Wenn man es aber ändern könnte, dann würde man es wohl ändern und sich nicht aufregen!
Denn das wäre wirklich sinnlos: Sich aufzuregen, wenn man einfach Bedingungen schaffen könnte, unter denen die Aufregung entfiele.
Wenn wir nun zum ursprünglichen Satz zurückkehren, wird schnell klar, dass es sehr wohl einen Grund gibt, sich zu ärgern: Nämlich, dass man das Geschehene nicht mehr ändern kann.
Dies ist sogar die einzige Grund, sich zu ärgern: Könnte man die Vergangenheit ändern, gäbe es keinen Grund sich aufzuregen - das haben wir gerade gesehen.
Den Satz trägt folglich einen zutreffender Gedanke, wenn er mit verändertem Vorzeichen gelesen wird:
"Ärger´ Dich ruhig, da du es eh nicht mehr ändern kannst."

Beate gibt ihm also eine Empfehlung, die ebenso falsch wie nachteilhaft ist; Anton würde sich sicher schneller beruhigen, wenn ihm nicht eingeredet würde, sein Ärger sei sinnlos und überflüssig.
Denn das ist er - wie wir festgestellt haben - gerade nicht.

Posted by Tortellini